Kunst und Kultur

"Wer von den großen Meistern hätte nicht nachgeahmt? Aus nichts kann man nichts machen, und nur, indem man von den Erfindungen der Andern Nutzen zieht, kann man selbst gute Erfindungen machen. Alle Künstler und Schriftsteller sind Kinder Homers."
(Jean Auguste Dominique Ingres (1780-1867), französischer Maler)

"Sollte denn das wohl der hochgepriesene Kunstsinn unserer Zeit sein, sich in knechtischer Nachäffung einer früheren wenngleich schönen Kunstzeit zu gefallen? Sollte man wohl je Fug und Recht haben, einem Jahrhundert alle Kraft des Selberschaffens absprechen zu dürfen, ohne sich selbst zu beleidigen und an dem neunzehnten Jahrhundert zu versündigen?"
(Capsar David Friedrich (1774-1840), deutscher Maler)

"Das Ideal! Hahaha! Hohoho! So ein Mumpitz! Hahaha! Hohoho!"
(Gustave Courbet (1819-1877), französischer Maler)

"Die Kunst ist ihrem Wesen nach ideal, sonst hört sie auf, Kunst zu sein."
(Konrad Fiedler (*1841), deutscher Kunsthistoriker, Schriften zur Kunst, Bd. 2)



Kunst ist Gegensatz

Bestimmend für die Kunst unserer Zeit sind die tiefen Gegensätze, die sie durchziehen – sie ist in unversöhnliche Lager gespalten.

Auf der einen Seite stehen die kulturstützenden, national gewürdigten Werke. Kaiser Wilhelm liebt das Repräsentative, das die angebliche Größe des Reiches spiegeln soll. Prunkvolle Architektur, idealisierte Darstellungen, Opern und das hohe Theater der Vergangenheit. Einiges davon mag Lüge sein, aber eine tröstliche Lüge.

Auf der anderen Seite brennt die Kunst das Feuer der Revolte gegen das bestehende Staatswesen, gegen Moral und Ästhetik ab. Hier seien ein gewisser Gerhart Hauptmann und seine naturalistische Proletenschriftstellerei genannt. Die Kunst der niederen Klassen, die Kunst für den kleinen Mann, ist eine Kunst, die für sich in Anspruch nimmt, die hässliche Wahrheit zu zeigen.

Gemeinsam ist diesen beiden Arten von Kunst vor allem eines: Sie dienen einem Zweck. Ob Politik, Bildung, Klassenbewusstsein – dies ist eine Kunst, die den Menschen und sein Umfeld nicht nur abbilden, sondern ändern will.

Dieser Anspruch hat natürlich – wie könnte es anders sein – eine Gegenbewegung ausgelöst. Hier sei der schamlose Ästhetizismus des L’art pour l’art genannt, dessen Kuckucksei in Paris gelegt und in allen Metropolen der Welt ausgebrütet wird. Welche Monster daraus noch schlüpfen werden bleibt abzuwarten.

(Aus „Kunst ist kontrovers“ von Eduard Meyer)




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